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Digitaler Vertrieb - Chancen und Risiken richtig einschätzen | Steireif GmbH

Geschrieben von Daniel Becker | 23.05.2019 11:16:56

Der Digitale Vertrieb beschleunigt die Interaktion der Unternehmen mit Kunden und Märkten ganz allgemein, senkt Kosten und verschafft Wettbewerbsvorteile. Viele Unternehmen, die hier gerade die ersten Schritte wagen, befinden sich aber in der gefährlichen Situation, aufgrund mangelnden Know-hows, die falschen Fragen zu stellen und damit falsche strategische Entscheidungen zu treffen.

Analoge oder digitale Vertriebsprozesse? Falsche Frage!

Eine dieser Fragen, mit der wir immer wieder konfrontiert werden lautet: „Investiere ich nun besser in den Online-Shop oder weiter in meine Vertriebsmitarbeiter?“ Digitaler Vertrieb ist jedoch nicht per se eine Entscheidung gegen klassische Vertriebsstrukturen. Bei der Firma Würth etwa führen beide Arten von Vertriebskanälen – digitale und analoge – ein erfolgreiches Miteinander. Woher kommt also dieses Entweder-Oder? Um solche Fragen für das eigene Unternehmen zu klären, gilt es also Chancen, Risiken und Grenzen digitaler Vertriebsprozesse richtig einzuschätzen.

Digitaler Vertrieb – Umfrage Hindernisse

Kostenfaktor Mitarbeiter

Je nach Produkt und Geschäftsmodell kann ein Vertriebsmitarbeiter eine 1- bis 2-stellige Zahl von Kundenkontakten pro Tag bearbeiten. Steigt die Kundennachfrage, muss irgendwann ein neuer Mitarbeiter eingestellt werden. Absatz, Umsatz und Gewinn skalieren also über das Personal. Wobei neue Mitarbeiter einige Zeit brauchen, bevor sie wirklich produktiv sind. Auch sind gute Vertriebler in Zeiten des Fachkräftemangels nur schwer zu finden. Hinzukommt, dass sie häufig nicht effizient eingesetzt werden. Mag sein, dass die persönliche Betreuung den Kunden lieb ist. In der Zeit, in der ein Kunde aber am Telefon oder beim Außendienst eine Bestellung aufgibt, in der er sich im persönlichen Gespräch über die korrekte Montage informiert, Rabatte nachverhandelt oder schon wieder eine Adressänderung wünscht, ist Ihr Vertriebsmitarbeiter aber nicht produktiv.

Ein intelligent gemachter Onlineshop mit vielen B2B-Services kann etliche dieser Kundenwünsche befriedigen oder einhegen und Ihren Mitarbeitern so die Zeit geben, sich auf ihre Kernaufgaben zu fokussieren. Eine Digitalisierung der Vertriebsprozesse schafft also Abhilfe, setzt wertvolle Ressourcen frei … und erlaubt eine fast grenzenlose Skalierung. Was gilt es aber zu bedenken, um Erfolg zu haben?

Digitaler Vertrieb – Erfolgsfaktoren

1. Strategisch denken

Ein digitaler Vertrieb kann nur erfolgreich sein, wenn zuvor Ziele und Anforderungen klar definiert sind. Sie benötigen also erst einmal eine Strategie. Ein Shop kann vieles, aber nicht alles zu gleich. Fokussieren Sie sich im Rahmen einer ganzheitlichen Vertriebsstrategie etwa darauf, dass mühselige, kleinteilige Standardanforderungen wie Angebotsanfragen, Bestellerfassung und -übermittlung, Produktrecherche oder Kundendokumente digital abgebildet werden. Kurz alles, was Ihre Vertriebsmitarbeiter nervt und der Kunden nebenbei selbst machen kann.

2. Mitarbeiter entwickeln

Dann können im Rahmen dieser Gesamtstrategie Ihre Vertriebsmitarbeiter auch wieder etwas Sinnvolles tun, nämlich lukrative Kunden akquirieren. Sie werden also nicht wegrationalisiert, sondern im Gegenteil wichtiger. Nur diejenigen Vertriebler, die sich allzu sehr in der Rolle als Sachbearbeiter eingerichtet haben, stehen vor einem Problem. Allerdings darf man nicht die Beharrungskräfte in der eigenen Organisation unterschätzen.

3. Risiken einkalkulieren

Bei Veränderungen gibt es immer diejenigen, die die Änderung ablehnen. Sie werden nicht alle Kunden auf Ihren Shop konvertieren können und nicht alle Mitarbeiter dazu bringen, den Shop als Hilfe statt als Konkurrenz zu sehen. Die meisten lassen sich jedoch von den Vorteilen überzeugen. Häufig wird nur vergessen, für diese externe Überzeugungsarbeit und die interne Kommunikation entsprechende Ressourcen einzuplanen.

4. Kosten senken – aber investieren

Eine digitale Vertriebsplattform erlaubt es, Prozesskosten radikal zu senken. Das heißt aber nicht, dass sie sich von Anfang an trägt. Sie müssen zwar gleich in Produktpflege, Onlinemarketing und Optimierung investieren, sprich Mitarbeiter und Dienstleister bezahlen. Es wird jedoch einige Zeit brauchen, bevor Sie digitale Gewinne erzielen. Das Investitionsvolumen ist aber im Verhältnis zum Umsatz geringer, als bei analogen Vertriebsabläufen. Flottenkosten, Bürobedarf, Versicherungen, Lohnfortzahlungen, Betriebsrenten usw. fallen kaum ins Gewicht. Und das Volumen steigt nicht linear zum digitalen Umsatz.

5. Service, Nutzerfreundlichkeit und Markteinblicke

Neben einer cleveren Produkt- und Preispolitik als Erfolgsfaktoren ist vor allem die Nutzerfreundlichkeit Ihres Shops von enormer Bedeutung. Was bringt eine Angebotsanfrage oder eine Schnellbestellung, die niemand findet oder bedienen kann? Bieten Sie im eigenen Interesse also so viele Selfservice-Funktionen wie möglich an. Aber machen Sie diese auch so einfach wie möglich nutzbar.

Die digitale Plattform bietet zudem viele Möglichkeiten, Insights in den Markt und die Kundenbedürfnisse zu bekommen. Neben den Analysen der Suchanfragen (über Suchmaschinen und auf Ihrer Plattform), des Nutzerverhaltens und der Kundenkommentare/Produktbewertungen, haben Sie auch die Möglichkeit aktiv Online-Umfragen zu bestimmten Themen durchzuführen. Das kostet praktisch nichts, liefert aber wichtige Einsichten in die Kundenbedürfnisse, um Ihre Leistungen entsprechend weiterzuentwickeln. Die Plattform wird somit auch aktiv ein Innovationstreiber für das Gesamtunternehmen.

Grenzen im digitalen Vertrieb

Bei allem Lob, Digitaler Vertrieb ist kein All-Heilmittel. Je erklärungsbedürftiger die Leistungen und je höher das Investitionsvolumen, umso geringer die Chance auf einen schnellen Abschluss – oder anders herum: Die wirtschaftliche Attraktivität digitaler Vertriebsprozesse steigt mit dem Volumen der möglichen Abschlüsse, weil sich fast der gesamte operative Aufwand, der mit einem Abschluss einhergeht, automatisieren lässt. In der eigentlichen Überzeugungsarbeit, also den Kunden für einen Kauf zu motivieren und das eventuell über einen längeren Zeitraum, ist der gute alte Mensch mit seiner analogen Kommunikation doch wesentlich besser.

Digitaler Vertrieb bedeutet die Transformation bestehender analoger Vertriebsprozesse entlang den Anforderungen neuer Handelsformen und sich ändernder Kundenerwartungen. Und diese etablieren sich – allen panik- und krampfartigen Disruptionsmantras zum Trotz – eben nicht über Nacht. Das heißt aber nicht, dass man sich zurücklehnen kann, denn auch die Transformation braucht Zeit.