B2B E-Commerce 05.05.2022 2 Min. Lesezeit
Webinar: Composable Commerce – 31.05.2022 | 16.00 Uhr
Schnell neue Vertriebsmodelle einführen und weiterentwickeln? Dafür braucht es mehr als guten Willen und ein ...
In der Regel befassen wir uns mehr mit den lizenzpflichtigen Enterprise Editionen der unterschiedlichen Softwareanbieter. Heute schauen wir uns aber einmal kostenlose Shopsysteme an. *(Update 07.04.2022)*
Was bedeutet es überhaupt, wenn ein Shopsystem kostenlos ist? Heißt das, Sie zahlen tatsächlich nichts und können dennoch gleich verkaufen? Oder verzichtet der Anbieter zwar auf die Lizenzgebühren, Sie müssen aber für die Nutzung bezahlen? Oder steht die Software zwar zum kostenlosen Download und zur freien Nutzung zur Verfügung, wie Sie damit zu einem betriebsfähigen Shop kommen, darum müssen Sie sich selber kümmern? Sie sehen, denkbar sind unterschiedliche Ansätze.
Normalerweise verhält es sich so, dass Sie vom Anbieter eine lizenzkostenfreie Version herunterladen können. Bei Magento, Shopware, und Oxid sind dies die quelloffenen (Open Source) Community Editionen. Opencart, Oscommerce und Prestashop gibt es nur als kostenlose Open-Source Version. Klingt gut, Entwickler können also den Code einsehen und eigenständig anpassen. Allerdings werden viele nützliche Funktionen nur über Plugins also Erweiterungen angeboten und die kosten häufig etwas, schließlich müssen Entwickler bzw. Drittanbieter auch von etwas leben. – Ohne jetzt in die unterschiedlichen Lizenzformen wie OSL, GPL oder AGPL abzusteigen: Gemeinhin werden Erweiterungen als urheberrechtlich eigenständige Software angesehen, die nicht derselben Lizenz wie das Shopsystem unterliegen muss.
Diese Systeme sind also kostenlos hinsichtlich Lizenz, Download, Einrichtung und prinzipieller Nutzung, da man als Shopbetreiber selbst für die Installation und die anschließende Konfiguration verantwortlich ist. Leistungsfähige Themes und Erweiterungen sind jedoch meist kostenpflichtig oder werden in Form von individuellen Entwicklungsleistungen bezahlt.
Hier ist auch WooCommerce, das kostenfreie E-Commerce Plugin für WordPress-Seiten, keine Ausnahme. Allerdings sind sonstige Plugin-, Theme- oder Customizing-Kosten im WordPress-Universum deutlich niedriger als in der klassischen E-Commerce-System-Welt.
Neben den klassischen Open-Source Systemen zur lokalen Installation gibt es noch die zentral von einem Anbieter gehosteten Webshops und Baukästen wie Weebly, Jimdo, Gambio oder Shopify, die es in Basisversionen entweder kostenfrei oder so günstig gibt, dass selbst vom Taschengeld noch sehr viel übrig bleiben würden. Um es kurz zu machen, die Basisversionen sind in der Regel nicht zu empfehlen, da sie – zugegeben etwas überzeichnend – hinsichtlich Funktion und/oder Ressourcen so eingeschränkt sind, dass sie den Verkauf von mehr als einem Produkt an mehr als einen Kunden pro Tag kaum zulassen. Hier empfehlen wir eher die etwas größeren Pakete, zumal neben dem größeren Funktionsspektrum so auch ein richtiger Support zur Verfügung steht. Mit 19,- oder 39,- Euro statt 15,- Euro im Monat wie bei Jimdo ist das immer noch ein sehr niedriger Preis.
Eine Shop Software wie Square ist in der Basisversion hingegen nominell kostenfrei nutzbar, allerdings verlangt Square statt einer Einrichtungs- oder Nutzungsgebühr einen bestimmten Provisionsanteil pro Transaktion. Dieser setzt sich zusammen aus einem fixen Wert sowie einem prozentualen Anteil abhängig von der Transaktionshöhe. Auch bei Square gibt es neben der kostenfreien Basisversion umfangreichere, aber kostenpflichtige Professionell- und Premium-Versionen.
Im niedrigschwelligen E-Commerce können beide Ansätze – festes Mietmodell oder transaktionsbasierte Abrechnung – attraktiv sein. Wird eine höhere Anzahl an Bestellungen erwartet, höhere Warenkorbwerte oder ist das Produktportfolio komplexer, steigen die Kosten deutlich. Ein weiterer Nachteil ist die Bindung an den Hersteller und dessen Vorgaben: Onlinehändler können die bereitgestellten Funktionen, Themes und Drittanbieterservices nutzen – und nur diese.
Bleiben wir also bei den tatsächlich kostenlosen Shop Software Lösungen. Gerade für kleinere Unternehmen mit geringem Budget scheinen sie eine gute Möglichkeit zu sein, in den E-Commerce einzusteigen. Man sollte jedoch den Installations- und Konfigurationsaufwand nicht unterschätzen. Selbst wenn Sie ausschließlich Standards verwenden – also nur das mitgelieferte Basis-Theme ohne Customizing und unter Verzicht auf Plugins -, was im Falle von Magento für den Einsatz in Deutschland aufgrund buchhalterischer und rechtlicher Anforderungen nicht möglich ist, werden Sie mehrere Tage ohne Unterbrechung mit dem Aufsetzen des Webshops beschäftigt sein. Und das unter der Voraussetzung, dass Sie sich mit Shopsystemen, PHP, Hosting, HTML, CSS usw. auskennen.
In der Regel greift man daher auf die Unterstützung einer Agentur oder zumindest eines erfahrenen Freelancers zurück. Die Kosten liegen dann mindestens im mittleren 4-stelligen Bereich. Wie zufrieden Sie später mit einem solchen Standard-Shop sind, sei dahingestellt. Genügt er hingegen den Anforderungen, wäre ein Mietshop vielleicht die wirtschaftlichere Lösung.
Wenn Sie mehr über die im Projekt anfallenden Kosten erfahren möchten, lesen Sie unsere zusammenhängenden Beiträge:
Die Shopsysteme zu kennen, ist natürlich nur die halbe Miete. Die Frage ist ja immer auch, wie findet man das passende für die eigenen Anforderungen. Wie Sie dabei am besten vorgehen, erfahren Sie in unter anderem in unserem Blogbeitrag „In 7 Schritten zur Auswahl des passenden Shopsoftware„.
Natürlich gibt es noch etliche weitere Systeme, die wir hier aktuell nicht aufführen. Doch ebenso wie bei unserer Übersicht der für den E-Commerce geeigneten ERP-Systeme sowie zu Shopsystemen für den B2B-E-Commerce werden wir die Auflistung kontinuierlich erweitern. E-Commerce Frameworks wie Sylius oder Pimcore führen wir hingegen nicht auf, da es sich nicht um ab Installation betriebsfähige E-Commerce Systeme handelt.
Die Shop Software gibt es seit 2005 und nach eigenen Angaben setzen 300.000 Unternehmen auf die Open-Source-Lösung. Sollten Sie jedoch professionell Unterstützung von einem Agenturpartner benötigen – in Deutschland gibt es aktuell nur zwei. Auch ist es nicht out-of-the-box für den Einsatz im deutschen Markt geeignet, Sie werden einige kostenpflichtige Erweiterungen benötigen. Das System ist gut dokumentiert, ein Pluspunkt für Entwickler und vor dem Hintergrund, dass Sie ohne PHP-Kenntnisse keinen funktionierenden Shop auf die Beine stellen werden.
Auch die französische Onlineshop Software Prestashop ist ein Open-Source-System – mit einer mittlerweile recht großen Community von etwa 1 Millionen Mitgliedern. Wie OpenCart gibt es die kostenlose Download-Variante sowie ein von Prestashop via XXX gehostete Cloud-Lösung. Im Gegensatz zu OpenCart ist es einfach und kostengünstig für den deutschen Markt konfigurierbar, allerdings fehlt im die Multistore-Fähigkeit. In Deutschland gibt es 7 offizielle Agenturpartner. Nach eigenen Angaben nutzen weltweit 300.000 Nutzer das Shopsystem.
Auch unter der Ägide von Adobe gibt es mit „Magento Open Source“ weiterhin eine lizenzkostenfreie Version. Allerdings tun wir uns schwer, Magento in dieser Übersicht aufzuführen, denn das Shopsystem ist für die meisten E-Commerce Projekte mit geringem Budget und den damit einhergehenden Use Cases zu mächtig. Wer einfach nur Ersatzteile verkaufen möchte, benötigt das Leistungsspektrum von Magento schlicht nicht. Und ein vernünftiger, fehlerfreier Magento-Shop selbst für einfache E-Commerce Szenarien wird mit Implementierungskosten im mittleren 5-stelligen Bereich daherkommen. Zur Zeit gibt es 18 zertifizierte Magento Implementierungspartner in Deutschland.
Die neue Version 6 des im deutschen Markt sehr erfolgreichen Shopsystems wurde im Mai 2019 vorgestellt, aktuell wurde das Release 6.3 (August 2020) veröffentlicht. Brandneu ist auch eine kostenpflichtige Cloud-Version. Nach eigenen Angaben setzen mehr als 100.000 Kunden auf Webshops von Shopware – unterstützt von mehr als 1200 zertifizierten Partnern. 2019 hat das Wirtschaftsmagazin brand eins Shopware als eines der innovativsten Unternehmen im Bereich „Dienstleistungen und Produkte“ ausgezeichnet.
Shopware ist nun zum ersten Mal im Gartner Magic Quadranten für Digital Commerce aufgeführt. Die Kategorisierung als Nischenplayer sollte dabei richtig bewertet werden. Das Gartner überhaupt einen E-Commerce Softwareanbieter aufnimmt, der nur wenige internationale Projekte vorweisen kann und hauptsächlich im DACH-Raum bekannt ist, spricht eindeutig für die Qualität und das Potenzial seiner Lösung.
Die Oxid eSales AG mit Sitz Freiburg wurde 2003 gegründet und adressiert vor allem mittelständische Unternehmen, hat aber auch einige größere und kleinere Kunden. Wie auch Magento und Shopware bietet Oxid eSales eine kostenlose, quelloffene Community-Version sowie kommerziellen Varianten (Professional Edition und Enterprise-Edition) seiner Onlineshop Software an. Im Vergleich zu Magento oder Shopware ist Oxid eher ein kleiner Anbieter. Dennoch beeindruckt die Community mit rund 52.000 Mitgliedern, mehr als 2.100 Kunden, davon 600 unter der Enterprise Lizenz, ca. 3270 Onlineshops auf der Oxid CE in Deutschland und ca, 60 Integrationspartnern. Aktuelle Version (Juli 2020) ist die 6.5.6.
WooCommerce ist im Geschäftskundenbereich sicher nicht sehr verbreitet, im B2C gehört es mit 3,9 Millionen Installationen jedoch zu den bekanntesten E-Commerce Lösungen weltweit. Aufgrund der großen Beliebtheit hat das Unternehmen hinter WordPress, Automattic, das Plugin 2015 erworben und in sein Geschäftsmodell integriert. Als Plugin für WordPress verwandelt es kostenlose Blogs in kostenlose Onlineshops … nun ja nicht ganz. Richtig ist, dass WooCommerce als Open-Source-Applikation selbst lizenzkostenfrei ist. In der Regel fallen aber zumindest Kosten für das Hosting, das Template, z. B. Storefornt, sowie Drittanbieterservices und Erweiterungen an.
Bei dem Shopsystem Modified eCommerce handelt es sich ebenfalls um eine Open Source-Software unter der GPL Lizenz. Modified ist eine Weiterentwicklung des Xt:Commerce Onlineshops aber selbst schon seit 2013 am Markt – und damit technologisch nicht mehr die modernste Lösung. Die aktuelle Version (November 2020) des Shopsystems ist die 2.0.5.1 rev 12725. Das solide System wird permanent weiterentwickelt und kann auf eine aktive Community bauen. Es eignet sich für Unternehmen aus dem Bereich KMU, die keine gewaltigen Ansprüche an die Funktionalität stellen und die keine hochdynamischen, komplexen Geschäftsmodelle abbilden wollen. Wer ein bisschen beschaulicher unterwegs ist, erhält mit Modified eCommerce eine flexible und leistungsfähige Alternative zu den bekannteren Lösungen. Man sich aber nicht scheuen, selbst einmal Hand anzulegen. Erweiterte Programmierkenntnisse werden dabei aber meist nicht benötigt.
Das Open Source Frontend Framework SAP Spartacus wurde speziell für Headless Commerce Konzepte mit der SAP Commerce Cloud entwickelt. Backend (Commerce Cloud) und Frontend (z.B. Spartacus) sind dabei gänzlich getrennt. Das heißt, dass die E-Commerce Geschäftslogik und die Datenhaltung in einer anderen Anwendung erfolgt, als die Bereitstellung des für den Nutzer sichtbaren Frontends mit seinen Funktionen wie etwa dem Checkout. Der große Vorteil ist, dass sich so sehr schnell Änderungen am Frontend umsetzen lassen und bei Funktionserweiterungen und Sicherheits-Updates eben nicht das Commerce System als solches betroffen ist.
Bei der Lösung „H.H.G multistore“ handelt es sich um einen Fork (Abspaltung) von xt:Commerce. Damit tritt das Systeme in ähnliche Fußstapfen wie die in diesem Artikel bereits erwähnte Lösung Modified eCommerce. Nach eigenen Angaben richtet sich der Hersteller vor allem an kleine und mittlere Unternehmen, die auf eine moderne Lösung setzen wollen. Wie modern diese Lösung dann aber tatsächlich ist, denn am Ende des Tages ist die ursprüngliche Basis die von xt:Commerce, darf man hinterfragen.
Ähnlich wie bei anderen E-Commerce Lösungen setzt der Hersteller zudem auf eine kostenfreie Version (H.H.G multistore CE), ergänzt diese aber mit einer kostenpflichtigen Version (H.H.G. multistore EE). Die genauen Unterschiede beider Versionen können auf der bereitgestellten Vergleichsseite angesehen werden.
Die in der Übersicht aufgeführten kostenlosen Shopsysteme gehören sicherlich zu den ernstzunehmenden Lösungen und ein kleines Team mit ausreichend Expertise im E-Commerce und der PHP-Entwicklung wird in Standard Szenarien mit den Systemen sicherlich respektable Ergebnisse erzielen. Dabei ist keines der Systeme zu bevorzugen, es immer nur eine Frage der konkreten Anforderungen: Wem OpenCart genügt, wird sich mit Magento Open Source unnötige Komplexität aufhalsen. Ein kostenloser Betrieb eines Webshops ist jedoch per se nicht möglich und der Verzicht auf Lizenzkosten ist nicht immer der größte Hebel für wirtschaftlich attraktive E-Commerce Projekte. Kurz: Shopsysteme gibt es schlicht nicht kostenlos.
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